oh ha. Starker Tobak.
Die erste Frage, die ich mir hier stelle, ist, was ist überhaupt sein Problem? Geht es ihm gegen den Eingriff am Körper, die Selbstbestimmtheit oder dass Menschen sich nicht mit ihrem körperlichen Geschlecht identifizieren?
Wäre er dagegen wenn jemand eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalter operiert bekommt? Die leichteren Varianten könnte man ja auch als kosmetisch betrachten. Oder wie sieht es mit einer künstlichen Hüfte aus. Es gibt doch schließlich Rollstühle, warum sollte man da operieren?
Ja, es gibt eine gewissen Verbindung zwischen OPs, die als Beauty-Eingriff betrachtet werden und dem, was Trans-Personen machen lassen. In beiden Fällen sollte es darum gehen, dass Personen so präsentieren und erkannt werden wollen, wie sie sich fühlen. Dass Schönheits-OPs oft eher etwas Krankhaft einherkommen, weil irgendein C-Promi sich nicht mit dem Altern oder der zu kleinen DD-Größe abfinden konnte, hat mit dem großteil der Schönheits-OPs nichts zu tun. Eine Frau, die sich die Brust vergrößern lässt, macht das meist nicht, weil sie so leichter jemanden ins Bett bekommt, sondern weil ihr Selbstbewusstsein lange unter einem fehlerhaften Schöhnheitsideal gelitten hat. Andersrum kann eine Brustverkleinerung sowohl für das Ego als auch für die Gesundheit das Richtige sein.
Für Transpersonen sind die Schönheits-OPs ebenfalls ein Weg, das Selbstbild anzupassen, doch ist es bei uns oft auch noch so, dass kleine Überbleibsel vom anderen Geschlecht verräterisch sein können und unser Passing erschweren oder sogar unmöglich machen. Eigentlich will sich jede Transperson nur wohl in ihrer Haut fühlen, was erschwert wird, wenn ständig jemand ankommt und einen Misgendered. In einigen Fällen kann dies sogar Lebensgefährlich sein. Z.B. weiß ich, dass ich, so wie ich vermutlich am Ende sein werde, ohne OP in einige Länder nicht einzureisen brauche, weil dort konkret mein Leben auf dem Spiel steht. Aber auch in Deutschland gibt es immer wieder Übergriffe gerade gegen Transfrauen.
Und hierbei habe ich noch nicht einmal von der Geschlechtsangleichenden OP gesprochen. Nicht jede Transperson lässt sich machen, aber viele haben schlicht kein gutes Verhältnis zu ihren Genitatlien, solange sie einfach den falschen Geschlecht angehören. Die Disphorie, die da entsteht / entstanden ist, kann zu vielen weiteren Problemen führen. Aber, wie gesagt, das ist nicht bei allen so. Ich z.B. habe kein Problem mit dem, was da rumhängt. Es hat mir eine Menge Spaß bereitet und im Stehen zu pinkeln ist wirklich nett auf Autobahnraststätten. Trotzdem empfinde ich es so, dass es nicht mehr zu dem gehört, was ich im inneren bin.
Und damit kommen wir auch gleich wieder zurück zu passing. Transmenschen wollen genauso Beziehungen eingehen wie Cispersonen, idealerweise ohne jedesmal erklären zu müssen, was wir sind. Solange die Genitalien jedoch nicht dem entspricht, was das Gegenüber erwartet, wird das immer gleich erheblich komplizierter.
Zu seiner Tochter: Ich habe neulich was nettes gelesen, was ungefähr so ging:
Wenn dein Kind sein Coming-Out hat, gleich nachdem es von zuhause ausgezogen ist, ist es nicht plötzlich queer geworden sondern hat vorher nicht in einer sicheren Umgebung gelebt.
Wenn der Assi also schon so an die Sache herangeht, sollte er sich fragen, ob er wirklich eine solche Dynamik in siner Familie haben will, dass seine Kinder nicht wagen, ihm die ihnen wirklich wichtigen Dinge in ihrem Leben mitzuteilen, nur weil er ein bigotter Asi ist.
Ich bin noch nicht besonders lange draußen und auch noch nicht lange in irgendeiner Szene. Aber meine Erfahrung mit queeren Menschen ist bisher immer gewesen, dass sie sich sehr viel mehr mit ihrem Körper und ihrem Selbst beschäftigt haben, als Cis bzw. Hetero-Personen. Sie wissen für gewöhnlich ab irgendeinem Punkt sehr genau, was sie wollen und was sie benötigen. Sie sind für gewöhnlich auch keine uninformierten oder dummen Personen. Grade bei Transpersonen kann man davon ausgehen, dass ihnen die Konsequenzen ihrer Transition sehr bewusst sind, weil wir die ganzen Behördengänge, Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte erst machen, wenn wir Theraphie gehabt haben (oder noch haben).
Wir wissen um die Ablehnung, den Hass, die Gefahren, die Kosten, die Komplikationen, die Gesetze, die Statistiken und eine Menge über die Biologie und Neurologie unseres Themas. Nicht nur, weil wir es müssenn, sondern weil wir uns selbst verstehen wollen. Natürlich nicht am Anfang unserer Reise. Deswegen ist es immer etwas vermessen von uninformierten Personen uns unsere Agency abzusprechen, indem man es als Beauty-Eingriffe bezeichnet.
Ich weiß nicht, wie viel dir das für eine Argumentation weiterhilft, aber mehr fällt mir gerade nicht ein.